Arbeitsrecht - Die verhaltensbedingte Kündigung
Ihr gutes Recht.Wie der Name bereits sagt, ist der Kündigungsgrund bei der verhaltensbedingten Kündigung ein bestimmtes vertragswidriges und schuldhaftes, also fahrlässiges oder vorsätzliches, Fehlverhalten des Arbeitnehmers, das dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsver-
hältnisses unzumutbar macht.
Häufig wird die verhaltensbedingte Kündigung als außerordentliche Kündigung, also ohne Einhaltung der regulären Kündigungsfrist, ausgesprochen.
Ob ein Verhalten im Einzelfall vertragswidrig ist, ist in jedem Einzelfall gesondert zu klären.
Voraussetzungen
der verhaltensbedingten Kündigung
Ob ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers zu einer verhaltensbedingten Kündigung berechtigt, ist zunächst durch eine Prognose über das zu erwartende Verhalten des Arbeitnehmers in der Zukunft zu prüfen.
Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das sog. Prognoseprinzip.
Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für die Vertragspflichtverletzung durch den Arbeitnehmer, sondern sie dient der Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen.
Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Januar 2006, AZ 2 AZR 179/ 05).
Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen.
Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus.
Diese dient damit der Objektivierung der negativen Prognose.
Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen.
Die Abmahnung ist insoweit notwendiger Bestandteil bei der Anwendung des Prognoseprinzips.
Sie ist zugleich aber auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Danach ist eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen.
Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren.
Nach dieser Norm ist eine Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach einer erfolglosen Abmahnung zulässig.
Eine vorherige Abmahnung ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aber ausnahmsweise entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft trotz Abmahnung nicht erwartet werden kann (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Mai 1994, AZ: 2 AZR 626/ 93) oder es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei der die Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG-Urteile vom 10. 02.1999, AZ: 2 ABR 31/ 98 und vom 01.07.1999, AZ: 2 AZR 676/ 98).
Ähnliches ergibt sich aus § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB, nach dem § 323 Abs. 2 BGB entsprechende Anwendung findet. Nach § 323 Abs. 2 BGB ist eine Fristsetzung bzw. damit auch eine Abmahnung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt bzw. eine Kündigung rechtfertigen (BAG-Urteil vom 12.01.2006, 2 AZR 179/ 05).
Fehlverhalten des Arbeitnehmers kann insbesonder bestehen in
- häufigem Zuspätkommen
- eigenmächtigem Urlaubsantritt
- unentschuldigte Abwesenheit
- Nichtanzeige der Arbeitsunfähigkeit
- Alkohol- oder Drogenkonsum am Arbeitsplatz (nicht allerdings, wenn es sich um eine Suchtbild mit Krankheitswert handelt)
- Mobbing
- Anzeige gegen den Arbeitgeber
- Störung des Betriebsfriendes
- Mißbrauch des Firmenfahrzeugs
- Private Telefongespräche & Internetnutzung
Schwerwiegendes Fehlverhalten kann eine verhaltensbedingte Kündigung (unter Umständen auch in Form einer außerordentlichen Kündigung) ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen:
- Diebstahl
- Schwere Beleidigungen
- Fortdauernde Arbeitsverweigerung
- Manipulation bei der Arbeitszeiterfassung
- Spesenmanipulation
- Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit
- Androhung oder Ankündigung einer Arbeitsunfähigkeit
- Verstoß gegen eine vertragliches Wettbewerbsverbot
- Schmiergeldannahme
- Sexuelle Belästigung von Arbeitskollegen
- Selbstbeurlaubung
- Nicht genehmigungsfähige Nebentätigkeiten
- Grob fahrlässige Sorgfalspflichtverletzung mit erheblicher Schadensfolge
- Vorsätzliche Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften
- Schwerwiegender Verstoß gegen ein betriebliches Alkoholverbot
Die verhaltensbedingte Kündigung ist schließlich nur gerechtfertigt, wenn eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und denen des Arbeitnehmers zu dem Ergebnis führt, daß eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist.
Zu berücksichtigende Abwägungsgesichtspunkte auf Seiten des Arbeitgebers sind:
- Arbeits- und Betriebsdisziplin, Betriebsfrieden
- Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebes
- Ansehens- bzw. Rufschädigung des Arbeitgebers
- Eintritt und Umfang eines Vermögensschadens
- Wiederholungsgefahr
- Schutz der Belegschaft
Zu berücksichtigende Abwägungsgesichtspunkte auf Seiten des Arbeitnehmers sind:
- Häufigkeit, Schwere und Art der vorgeworfenen Pflichtwidrigkeit
- früheres Verhalten des Arbeitnehmers, Dauer der störungsfreien Zusammenarbeit
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Mitverschulden des Arbeitgebers
- Alter
- Unterhaltsverpflichtungen
- Lage auf dem Arbeitsmarkt
- Versetzungsmöglichkeit
- Verschuldensgrad (Fahrlässigkeit oder Vorsatz)
- Vorliegen einer persönlichen Zwangslage
- besondere soziale Schutzbedürftigkeit aus sonstigen Gründen (Schwerbehinderung)
Da der Arbeitnehmer die verhaltensbedinte Kündigung in der Regel selbstverschuldet hat, muß mit einer Sperrzeit beim Bezug des Arbeitslosengeldes gerechnet werden, vgl. § 144 Drittes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB III).