Arbeitsrecht - Abmahnung
Ihr gutes Recht.Doch nicht jede Beanstandung oder Ermahnung des Arbeitgebers ist auch gleich eine Abmahnung.
Nach dem Sinn und Zweck einer arbeitsrechtlichen Abmahnung müssen drei (inhaltliche) Voraussetzungen erfüllt sein:
Dokumentationsfunktion
Durch die Abmahnung soll ein Fehlverhalten für beide Seiten dokumentiert werden, so daß der konkrete Sachverhalt zu bennen ist, der eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten darstellen soll. Nur allgemeine geäußerte Kritik wie etwa "Sie kommen aber häufig zu spät in letzter Zeit", "Sie sollten Ihre Arbeitseinstellung überdenken" ist zu allgemein und stellt keine Abmahnung dar.
Hinweisfunktion
Die Abmahnung hat auch eine Hinweisfunktion: Der Arbeitgeber (oder Arbeitnehmer) macht mit der Abmahnung deutlich, daß das beanstandete Fehlverhalten künftig nicht mehr geduldet wird und die vertraglich vereinbarten Leistungen (wieder) zu erbringen sind.
Warnfunktion
Die Abmahnung hat auch eine Warnfunktion, indem Sie für den Fall weiterer Pflichtverstöße konkrete Maßnahmen oder Sanktionen benennt.
Der
Regelfall ist die Abmahnung durch den Arbeitgeber, möglich ist
aber auch eine Abmahnung durch den Arbeitnehmer, mit der
Pflichtverletzungen des Arbeitgebers gerügt werden.
Bestimmte Formvorschriften für die Abmahnung gibt es nicht. Nur wenn eine Abmahnung in die Personalakte aufgenommen werden soll, muß sie naturgemäß verschriftlicht vorliegen, aber nicht unbedingt die Überschrift "Abmahnung" tragen, entscheidend ist vielmehr, ob sich aus dem Inhalt eine Abmahnung ergibt.
Wenn die Abmahnung in die Personalakte aufgenommen werden soll, muß der Arbeitnehmer vorher zu den Vorwürfen angehört werden, § 82 Absatz 1 BetrVG. (Betriebsverfassungsgesetz), anderenfalls kann die Entfernung aus der Akte verlangt werden.
Wenn ein bestimmtes Verhalten des Arbeitgebers (oder des Arbeitnehmers) über einen längeren Zeitraum stillschweigend hingenommen wird, kann dies zu einer ebenso stillschweigenden Änderung bzw. Konkretisierung des Arbeitsvertrages führen, so daß eine wirksame Abmahnung dann nicht mehr möglich ist, weil das zuvor vertragswidrige Verhalten sich auf Grund der fortwährenden Duldung in der Vergangenheit zu einem als vertragsmäßig akzeptiertem Verhalten gewandelt hat.
Abmahnungsfähig sind nur wesentliche Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten, es kann also nicht wegen jeder Kleinigkeit eine Abmahnung ergehen. Ebensowenig kann etwa wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten abgemahnt werden, weil der Arbeitnehmer hierauf in der Regel keinen Einfluß hat.
Für eine Abmahnung kommen aber in Betracht häufige Verspätungen, die Nichtbefolgung von Weisungen des Vorgesetzten, die verspätete Anzeige einer Erkrankung, die Aufnahme einer Nebentätigkeit ohne vorherige Genehmigung, auch wenn die beabsichtigte Nebentätigkeit grundsätzlich erlaubt ist, siehe unter Nebentätigkeit.
Der Arbeitnehmer wiederum kann seinen Arbeitgeber etwa wegen verspäteter Lohnzahlungen. oder weil keine vertragsgemäße Tätigkeit zugewiesen wird oder wegen Verletzung der Arbeitgeber-Fürsorgepflichten abmahnen
Dabei gibt es für die Erteilung der Abmahnung grundsätzlich keine Befristung, das bedeutet, daß auch wegen länger zurückliegender Vorfälle noch abgemahnt werden kann.
Beweislast
Im Zweifel ist der Arbeitgeber in einem eventuellen Verfahren (Kündigungsschutzklage) beweispflichtig für die sachlichen Gründe, auf die die Abmahnung gestützt wird.
In der Regel ist eine Abmahnung Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch nach dem Sinn einer Abmahnung eine Möglichkeit geben muß, sein Verhalten zu ändern.
Kleinere Pflichtverletzungen müssen unter Umständen mehrmals abgemahnt werden, bevor eine Kündigung darauf gestützt werden kann, bei schwereren Verstößen kann auch nach einer ersten Abmahnung eine verhaltensbedinte Kündigung im Wiederholungsfall berechtigt sein.
Allerdings muß im "Wiederholungsfall" ein erneutes "gleichartiges" Fehlverhalten vorliegen, wenn also Unpünktlichkeiten abgemahnt worden sind, kann eine Kündigung schließlich nicht auf eine andere aufgetretene (kleine) Pflichtverletzung gestützt werden.
Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, gibt es verschiedene Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.
1. Beweise sammeln
Zunächst ist es wichtig, Beweise dafür zu sammeln, daß eine Abmahnung zu Unrecht ergangen ist, etwa weil der zugrunde gelegte Sachverhalt sich anders zugetragen hat, als es in der Abmahnung beschrieben wird. Aus diesem Grunde sollten Sie dafür Sorge tragen, daß Sie mit Kollegen über den Vorfall sprechen, die Ihre Angabenzum streitigen Sachverhalt bestätigen können. Allerdings kann es ratsam sein, die Namen der Zeugen zunächst nicht zu offenbaren oder in die Gegendarstellung (siehe unten) aufzunehmen, weil die Möglichkeit besteht, daß der Arbeitgeber dann für Sie ungünstigen Einfluß auf diese Zeugen ausüben könnte.
2. Gegendarstellung
Wenn der Arbeitgeber die Abmahnung in die Personalakte aufnimmt, können Sie verlangen, daß eine Gegendarstellung, die eine Schilderung Ihrer Sicht der Dinge enthält, gleichfalls in die Akte aufgenommen wird, in die Sie übrigens nach § 83 Absatz 1 BetrVG jederzeit Einsicht nehmen können.
So wird gewährleistet, daß eine Abmahnung nicht sozusagen unwidersprochen in Ihrer Akte steht, sondern auch eine zweite Version der Geschehnisse daneben steht.
3. Klage auf
Rücknahme der Abmahnung
Wenn die Abmahnung unberechtigt ist, haben Sie einen Anspruch auf Rücknahme der Abmahnung und gegebenenfalls Streichung aus der Personalakte.
Allerdings kann es auch ratsam sein, auf eine Klage zu verzichten. Wenn nämlich der Arbeitgeber in diesem Verfahren formale Fehler der Abmahnung korrigiert, kann in einem späteren eventuellen Kündigungsschutzprozeß nicht mehr auf die Fehlerhaftigkeit der Abmahnung abgestellt werden.
Darüber hinaus sind mit einer Klage Kosten verbunden, die auch bei einem Obsiegen nicht erstattet werden, vgl. § 12 a ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz).
Schließlich ist zu berücksichtigen, daß mit einem Gerichtsverfahren häufig der Anfang vom Ende des Arbeitsverhältnisses eingeläutet wird: welcher Arbeitgeber beschäftigt schon gerne Mitarbeiter, die ihn vor Gericht bringen ? Zudem ist es fraglich, ob sich "Ihre" Zeugen vor Gericht offen gegen den gemeinsamen Arbeitgeber wenden und in Ihrem Sinne aussagen. Wenn es jedoch später etwa im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens noch einmal um die Berechtigung der Abmahnung geht, kann es sein, daß Kollegen zwischenzeitlich aus der Firma ausgeschieden sind und dann wohl eher bereit sind, auch gegen den (ehemaligen) Arbeitgeber und hoffentlich in Ihrem Sinne auszusagen.