Verkehrsrecht - Cannabis u. a.
Beschluß Oberverwaltungsgericht Koblenz vom 21.11.2000, AZ 7 B 11967/00:
Für einen Eignungsausschluss im Sinne von § 46 Abs 1 FeV und in Verbindung mit Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV genügt im Regelfall bereits der Nachweis des einmaligen Konsums eines im Betäubungsmittelgesetz angeführten Rauschmittels (außer Cannabis).Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat beschlossen:
Für
einen Ausschluß der Eignung im
Sinne von § 46 Abs 1 FeV in
Verbindung mit Ziffer 9.1 der
Anlage 4 zur FeV genügt im Regelfall bereits der Nachweis des
einmaligen
Konsums eines im Betäubungsmittelgesetz angeführten Rauschmittels
(außer Cannabis).
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung ist der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Entzug seiner Fahrerlaubnis wiederherzustellen, abzulehnen. Bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens lässt sich nämlich die offensichtliche Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Verfügung der Antragsgegnerin vom 7. August 2000 feststellen; das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung geht daher vor.
Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV - ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist; dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift insbesondere, wenn ein Mangel nach der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV - Anlage 4 FeV - vorliegt, was vorliegend zutrifft.
Nach Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV schließt die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (außer Cannabis) die Fahreignung aus. Der Antragsteller hat Amphetamin konsumiert. Amphetamin ist in der Anlage III, Teil A zu § 1 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes - BTMG - als Betäubungsmittel aufgeführt. Der Antragsteller weist somit einen Eignungsmangel auf.
In § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Anlage 4 FeV hat der Verordnungsgeber eine Bewertung der Auswirkungen bestimmter Verhaltensweisen und Erkrankungen auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorgenommen, indem er die auf wissenschaftlicher Grundlage gewonnenen und bereits im Gutachten "Krankheit und Kraftverkehr" zusammengefassten Erkenntnisse in die FeV integriert und damit normativ als für den Regelfall zutreffend gekennzeichnet hat (vgl. ausführlich: Urteil des Senats vom 23. Mai 2000 - 7 A 12289/00.OVG -). § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 Anlage 4 FeV beinhaltet daher den Erfahrungssatz, dass schon die Einnahme von Amphetamin regelmäßig die Fahreignung ausschließt. An diese normative Wertung ist der Senat gebunden, solange keine Umstände im Einzelfall vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Derartige Umstände, die die Regelannahme der Anlage 4 FeV entkräften, sind weder vorgetragen noch lassen sie sich den vorgelegten Unterlagen entnehmen; vielmehr ist von einem Regelfall der Anlage 4 FeV auszugehen.
Dass der Antragsteller Amphetamin eingenommen hat, steht fest. Ein von der Polizei durchgeführter Drogenvortest hat die Einnahme von Amphetamin nachgewiesen, der Antragsteller selbst hat dessen - nach eigenem Bekunden einmaligen - Konsum zugestanden (vgl. Blatt 2 des Antragsschriftsatzes vom 25. August 2000).
Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Rauschgiftkonsum des Antragstellers und der nachfolgenden Fahrerlaubnisentziehung steht für den Senat außer Frage. Dem Schreiben des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 5. Juli 2000 an die Antragsgegnerin lässt sich der Tagebucheintrag entnehmen und mithin der Zeitpunkt, an dem der Amphetaminkonsum bei dem Antragsteller nachgewiesen wurde. Abgesehen davon hätte das Verwaltungsgericht sich durch eine kurze Rückfrage bei den Beteiligten Klarheit über den Ereigniszeitpunkt verschaffen können; ein geringer Aufwand, der vom Gericht auch in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren erwartet werden kann.
Für einen Eignungsausschluss im Sinne des § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV genügt bereits der Nachweis des einmaligen Konsums eines im Betäubungsmittelgesetz angeführten Rauschmittels (außer Cannabis).
Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut "Einnahme", der auch ein erstes/einmaliges Konsumieren eines Rauschmittels erfasst, aber ebenso aus der Systematik der Ziffer 9 der Anlage 4 FeV.
Der Verordnungsgeber differenziert in Ziffer 9 zwischen der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (Ziffer 9.3), der missbräuchlichen Einnahme (= regelmäßig übermäßiger Gebrauch) von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (Ziffer 9.4), der regelmäßigen Einnahme von Cannabis (Ziffer 9.2.1) sowie seiner gelegentlichen Einnahme (Ziffer 9.2.2) und der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ohne Cannabis) in Ziffer 9.1. Die letztgenannte, die Fahreignung ausschließende Verhaltensweise ist weder an eine Abhängigkeit von Betäubungsmitteln, noch an ihre missbräuchliche, regelmäßige oder gelegentliche Einnahme geknüpft. Die hierin zum Ausdruck kommende Strenge des Gesetzgebers ist in der Aufnahme des jeweiligen Betäubungsmittels in den Katalog des Betäubungsmittelgesetzes begründet, die wegen seiner besonderen Gefährlichkeit im Falle des Konsums erfolgte.
Die vereinzelt vertretene Auffassung, die Regelung in Ziffer 9.1 sei im Vergleich zu den übrigen Tatbeständen der Ziffer 9 Anlage 4 FeV ein Redaktionsversehen und mithin genüge die bloße Einnahme eines Betäubungsmittels i.S.d. BTMG nicht zur Annahme des Regelfalles, vermag der Senat angesichts des Wortlauts und der Normsystematik nicht zu teilen. Abgesehen davon findet sich die in Ziffer 9 Anlage 4 FeV vorgenommene Differenzierung im Kern an anderer Stelle der Fahrerlaubnisverordnung - in § 14 FeV - wieder. Auch dies schließt die Annahme eines redaktionellen Versehens aus.
Genügt mithin der einmalige Konsum eines Rauschgiftes im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes im Regelfall für den Ausschluss der Fahreignung, kommt es nicht darauf an, dass der Antragsteller nach eigener Einlassung derzeit keine Drogen mehr konsumiert. Diesem Umstand ist allenfalls im Wiedererteilungsverfahren der Fahrerlaubnis Rechnung zu tragen, nicht jedoch im hier streitigen Fahrerlaubnisentziehungsverfahren. ..."
"... Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung ist der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Entzug seiner Fahrerlaubnis wiederherzustellen, abzulehnen. Bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens lässt sich nämlich die offensichtliche Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Verfügung der Antragsgegnerin vom 7. August 2000 feststellen; das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung geht daher vor.
Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV - ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist; dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift insbesondere, wenn ein Mangel nach der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV - Anlage 4 FeV - vorliegt, was vorliegend zutrifft.
Nach Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV schließt die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (außer Cannabis) die Fahreignung aus. Der Antragsteller hat Amphetamin konsumiert. Amphetamin ist in der Anlage III, Teil A zu § 1 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes - BTMG - als Betäubungsmittel aufgeführt. Der Antragsteller weist somit einen Eignungsmangel auf.
In § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Anlage 4 FeV hat der Verordnungsgeber eine Bewertung der Auswirkungen bestimmter Verhaltensweisen und Erkrankungen auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorgenommen, indem er die auf wissenschaftlicher Grundlage gewonnenen und bereits im Gutachten "Krankheit und Kraftverkehr" zusammengefassten Erkenntnisse in die FeV integriert und damit normativ als für den Regelfall zutreffend gekennzeichnet hat (vgl. ausführlich: Urteil des Senats vom 23. Mai 2000 - 7 A 12289/00.OVG -). § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 Anlage 4 FeV beinhaltet daher den Erfahrungssatz, dass schon die Einnahme von Amphetamin regelmäßig die Fahreignung ausschließt. An diese normative Wertung ist der Senat gebunden, solange keine Umstände im Einzelfall vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Derartige Umstände, die die Regelannahme der Anlage 4 FeV entkräften, sind weder vorgetragen noch lassen sie sich den vorgelegten Unterlagen entnehmen; vielmehr ist von einem Regelfall der Anlage 4 FeV auszugehen.
Dass der Antragsteller Amphetamin eingenommen hat, steht fest. Ein von der Polizei durchgeführter Drogenvortest hat die Einnahme von Amphetamin nachgewiesen, der Antragsteller selbst hat dessen - nach eigenem Bekunden einmaligen - Konsum zugestanden (vgl. Blatt 2 des Antragsschriftsatzes vom 25. August 2000).
Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Rauschgiftkonsum des Antragstellers und der nachfolgenden Fahrerlaubnisentziehung steht für den Senat außer Frage. Dem Schreiben des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 5. Juli 2000 an die Antragsgegnerin lässt sich der Tagebucheintrag entnehmen und mithin der Zeitpunkt, an dem der Amphetaminkonsum bei dem Antragsteller nachgewiesen wurde. Abgesehen davon hätte das Verwaltungsgericht sich durch eine kurze Rückfrage bei den Beteiligten Klarheit über den Ereigniszeitpunkt verschaffen können; ein geringer Aufwand, der vom Gericht auch in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren erwartet werden kann.
Für einen Eignungsausschluss im Sinne des § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV genügt bereits der Nachweis des einmaligen Konsums eines im Betäubungsmittelgesetz angeführten Rauschmittels (außer Cannabis).
Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut "Einnahme", der auch ein erstes/einmaliges Konsumieren eines Rauschmittels erfasst, aber ebenso aus der Systematik der Ziffer 9 der Anlage 4 FeV.
Der Verordnungsgeber differenziert in Ziffer 9 zwischen der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (Ziffer 9.3), der missbräuchlichen Einnahme (= regelmäßig übermäßiger Gebrauch) von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen (Ziffer 9.4), der regelmäßigen Einnahme von Cannabis (Ziffer 9.2.1) sowie seiner gelegentlichen Einnahme (Ziffer 9.2.2) und der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ohne Cannabis) in Ziffer 9.1. Die letztgenannte, die Fahreignung ausschließende Verhaltensweise ist weder an eine Abhängigkeit von Betäubungsmitteln, noch an ihre missbräuchliche, regelmäßige oder gelegentliche Einnahme geknüpft. Die hierin zum Ausdruck kommende Strenge des Gesetzgebers ist in der Aufnahme des jeweiligen Betäubungsmittels in den Katalog des Betäubungsmittelgesetzes begründet, die wegen seiner besonderen Gefährlichkeit im Falle des Konsums erfolgte.
Die vereinzelt vertretene Auffassung, die Regelung in Ziffer 9.1 sei im Vergleich zu den übrigen Tatbeständen der Ziffer 9 Anlage 4 FeV ein Redaktionsversehen und mithin genüge die bloße Einnahme eines Betäubungsmittels i.S.d. BTMG nicht zur Annahme des Regelfalles, vermag der Senat angesichts des Wortlauts und der Normsystematik nicht zu teilen. Abgesehen davon findet sich die in Ziffer 9 Anlage 4 FeV vorgenommene Differenzierung im Kern an anderer Stelle der Fahrerlaubnisverordnung - in § 14 FeV - wieder. Auch dies schließt die Annahme eines redaktionellen Versehens aus.
Genügt mithin der einmalige Konsum eines Rauschgiftes im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes im Regelfall für den Ausschluss der Fahreignung, kommt es nicht darauf an, dass der Antragsteller nach eigener Einlassung derzeit keine Drogen mehr konsumiert. Diesem Umstand ist allenfalls im Wiedererteilungsverfahren der Fahrerlaubnis Rechnung zu tragen, nicht jedoch im hier streitigen Fahrerlaubnisentziehungsverfahren. ..."