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Mietrecht - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

                                                                                                               
                       
   


BGH-Urteil vom 16. Februar 2005 - VIII ZR 48/04

Zur Wirksamkeit einer Renovierungsklausel mit Fristenplan
__________________________________

 
 

 
 
BUNDESGERICHTSHOF
 
IM NAMEN DES VOLKES
 
URTEIL
VIII ZR 48/04  Verkündet am:
16. Februar 2005
P o t s c h ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
 
 
 
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 15. Dezember 2004  durch  die  Vorsitzende  Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Leimert, Dr. Wolst, Dr. Frellesen sowie die Richterin Hermanns für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts  München I vom 17. Dezember 2003  aufgehoben.
Die Sache wird  zur  neuen Verhandlung  und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,  an  das  Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
 
 
Tatbestand:
Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung der Klägerin in H.       . Es handelte  sich  um  preisgebundenen Wohnraum.  Gemäß  § 3  Ziff. 4 a  des mit  der Rechtsvorgängerin  der  Klägerin,  der  N.                                 ,  geschlossenen Formularmietvertrags vom 8. November 1972 haben die Mieter nach Maßgabe von  Ziff. 5 Abs. 2  und 3  der  "Allgemeinen Vertragsbestimmungen"  die Schönheitsreparaturen auszuführen.

Die  Allgemeinen  Vertragsbestimmungen  (AVB) in der für das Mietverhältnis maßgeblichen Fassung vom Februar 1968 enthalten unter anderem folgende Regelungen:

"Ziffer 5  Erhaltung der Mietsache
...
2. 
Die Mieter haben während der Mietzeit die von  ihnen gemäß § 3 Abs. 4 a des Vertrages übernommenen Schönheitsreparaturen ohne besondere Aufforderung durch den Vermieter nach Maßgabe  des  folgenden  Fristenplanes  auszuführen.  Die Schönheitsreparaturen  umfassen  sämtliche  Anstriche  sowie das Tapezieren innerhalb der Wohnung, insbesondere das Anstreichen, Kalken oder Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden  und den Innenanstrich  der Fenster und Eingangstüren, das  Streichen  der  Türen,  Heizkörper,  Versorgungs-  und Abflußleitungen  sowie  sämtliche  sonstigen  Anstriche  innerhalb der  Wohnung  einschließlich  derjenigen an Einbaumöbeln, und zwar spätestens  nach  Ablauf  folgender Zeiträume:

In  Wohnküchen  alle  2  Jahre,  in  Koch-/Eßküchen  oder Kochnischen alle 3 Jahre,  in Bädern und Duschen alle 3 Jahre, in Wohn- und Schlafräumen alle 5 Jahre, in Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre,  in sonstigen Nebenräumen alle 7 Jahre.

Abweichend  hiervon  sind  die  Anstriche  der  Fenster,  Türen, Heizkörper, Versorgungs- und Abflußleitungen sowie der Einbaumöbel  in  Küchen  und  Bädern  spätestens  alle  4  Jahre durchzuführen. ...

3. 
Läßt in besonderen Ausnahmefällen während der Mietzeit der Zustand  einzelner  Räume  der  Wohnung  eine  Verlängerung der nach Abs. 2 vereinbarten Fristen zu oder erfordert er eine Verkürzung,  so  kann  der  Vermieter  nach  billigem  Ermessen die Fristen  des Planes  bezüglich  der Durchführung  einzelner Schönheitsreparaturen verlängern oder verkürzen."

Die Klägerin forderte die Beklagte nach Kündigung des Mietverhältnisses mit Schreiben vom 29. Mai 2002 unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung vergeblich auf, Heizkörper, Türen und Fensterrahmen in allen Räumen fachgerecht zu lackieren.

Mit ihrer Klage verlangt sie von der Beklagten die Erstattung der Kosten von Lackierarbeiten  in Höhe  von  947,82 €  sowie Nutzungsausfall  für  die  Zeit vom 1. Juni bis zum 15. Juni 2002 in Höhe von 208,32 €, insgesamt 1.156,14 €, nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit  ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
 
Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NZM 2004, 457 veröffentlicht ist, hat ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen nicht zu, da Ziff. 5 Abs. 2 der AVB gemäß § 9 AGBG unwirksam  sei.  Die  Regelung  benachteilige  den  Mieter  unangemessen,  weil Lackierarbeiten  an Fenstern, Türen  und Heizungen  innerhalb  einer  zu  kurzen Frist durchzuführen seien. Ein "starrer" Renovierungsturnus von vier Jahren sei bezüglich  des Anstrichs  des Holzwerks  und  der Heizkörper  nicht  erforderlich.

Da die Entscheidung  über  eine Verlängerung  der Renovierungsfristen  gemäß Ziff. 5 Abs. 3  der AVB  allein dem Vermieter  zustehe,  relativiere  die Regelung die starren  Fristen  jedenfalls  nicht  hinreichend;  sie  lasse  außer  acht,  daß  es einer Abweichung von den Fristen nicht nur in besonderen Ausnahmefällen aus Billigkeitsgründen bedürfe, da Lackierarbeiten am Holzwerk im Turnus von vier Jahren in der Regel nicht erforderlich seien.
 
II.
Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts  ist der  in Ziff. 5 Abs. 2 der AVB  der Klägerin  enthaltene  Teil  des  Fristenplans, wonach  die Anstriche der  Fenster,  Türen,  Heizkörper,  Versorgungs-  und  Abflußleitungen  sowie  der Einbaumöbel  in Küchen und Bädern spätestens alle vier Jahre durchzuführen sind, nicht nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG (nunmehr § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) unwirksam.

1.
Zu Unrecht beanstandet das Berufungsgericht, daß der Renovierungsturnus von vier Jahren, den Ziff. 5 Abs. 2 der AVB für die Durchführung der Anstricharbeiten  in  Küchen  und  Bädern  unter  anderem  an  Fenstern,  Türen  und Heizkörpern vorschreibe,  für sich gesehen unangemessen kurz sei. Diese Fristenbestimmung, die - wie noch auszuführen ist - nicht im Sinne eines "starren" Fristenplans  zu  verstehen  ist,  trägt  dem  in  Schönheitsreparaturklauseln üblicherweise berücksichtigten Umstand Rechnung,  daß  die Anstriche  in Küchen und  Bädern  durch  die  dort  auftretende  Feuchtigkeit  stärkeren  Einwirkungen ausgesetzt sind als in Wohnräumen.

Für  die  Angemessenheit dieses Renovierungsintervalls im Regelfall spricht auch der Vergleich mit dem Fristenplan, der  in § 7 Fußnote 1 des vom Bundesministerium  der  Justiz  herausgegebenen  Mustermietvertrags  1976, Fassung I enthalten ist (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 22/76, abgedruckt bei Gelhaar  in  BGB-RGRK,  12. Aufl.,  Vor  § 535  Rdnr. 87).  Danach  sind  Schönheitsreparaturen in Küchen, Bädern und Duschen "im allgemeinen" bereits nach Ablauf  von  drei  Jahren  erforderlich;  längere  Regelfristen  sind  hinsichtlich  der Anstricharbeiten  an  Fenstern,  Türen,  Heizkörpern  und  Leitungsrohren  nicht vorgesehen.  Der  Fristenplan  des Mustermietvertrags  wird  in  Rechtsprechung und Schrifttum auch im Falle der formularvertraglichen Vereinbarung allgemein als  zulässig  angesehen  (vgl.  Senatsurteile  BGHZ  92,  363,  368  f.;  101,  253, 263 f.; Urteil vom 28. April 2004, NJW 2004, 2087, unter III; Urteil vom 23. Juni 2004, NJW  2004,  2586,  unter  II 2 b; OLG Bremen, NJW  1983,  689;  Langenberg,  Schönheitsreparaturen,  Instandsetzung  und  Rückbau,  2. Aufl.,  1 C Rdnr. 3;  Knops  in  Herrlein/Kandelhard,  Mietrecht,  2. Aufl.,  § 535  Rdnr. 55).
Ziff. 5 Abs. 2  der AVB  trifft  gegenüber  dem  im Mustermietvertrag  für Küchen, Bäder  und  Duschen  angegebenen  Regelintervall  von  drei  Jahren  hinsichtlich der genannten Anstricharbeiten eine dem Mieter günstigere Regelung.

2. Die  in  den AVB  der Klägerin  enthaltene Fristenbestimmung  ist  nicht als "starrer" Fristenplan anzusehen, der gegebenenfalls geeignet ist, den Mieter im  Sinne  des  § 9  AGBG  beziehungsweise  § 307  BGB  unangemessen  zu benachteiligen  (vgl.  hierzu  Senat,  Urteil  vom  23. Juni  2004  - VIII ZR  361/03, NJW 2004,  2586,  unter  II 2; Urteil  vom  22. September  2004  - VIII ZR  360/03, NJW 2004, 3775, unter II 1).

a)
Die Auslegung der Klausel unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfung, da sie über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung findet (vgl. BGHZ 98, 256, 258; 134, 42, 45). Die AVB in der Fassung vom Februar 1968 waren ausweislich des abschließenden Zusatzes zum Vertragsformular  unter  anderem Bestandteil  der Mietverträge  der N.                     und der N.                     S.                   ; von einer Verwendung über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus ist daher auszugehen.

b)
Allgemeine  Geschäftsbedingungen  sind  nach  ständiger  Rechtsprechung gemäß  ihrem objektiven  Inhalt und  typischen Sinn einheitlich so auszulegen,  wie  sie  von  verständigen  und  redlichen  Vertragspartnern  unter  Abwägung  der  Interessen  der  normalerweise  beteiligten Verkehrskreise  verstanden werden,  wobei  die  Verständnismöglichkeiten  des  durchschnittlichen  Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. BGHZ 102, 384, 389 f.).
Die  in Ziff. 5 Abs. 2  der AVB  enthaltene Fristenbestimmung  verpflichtet den Mieter nicht zur Vornahme allein am Fristenplan ausgerichteter Schönheitsreparaturen ohne Rücksicht auf einen  tatsächlich bestehenden Renovierungsbedarf.  Vielmehr  kann  gemäß  Ziff. 5  Abs. 3  der  AVB  von  der Geltung  der  in Ziff. 5 Abs. 2 genannten Fristen unter Berücksichtigung des Abnutzungsgrades der gemieteten Räume abgewichen werden. Danach kann der Vermieter nach billigem Ermessen die Fristen des Planes bezüglich der Durchführung einzelner Schönheitsreparaturen  verlängern  oder  verkürzen,  wenn  in  besonderen  Ausnahmefällen während der Mietzeit der Zustand einzelner Räume der Wohnung eine Verlängerung der nach Abs. 2 vereinbarten Fristen zuläßt oder eine Verkürzung erfordert. Daß Ziff. 5 Abs. 3 der AVB zugunsten des Mieters eine Verlängerung der in Absatz 2 vereinbarten Fristen zuläßt, hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt.

Aus der Regelung der Ziff. 5 Abs. 2 der AVB folgt, daß der Vermieter zur Fristverlängerung verpflichtet  ist, soweit die vermieteten Räume nicht  renovierungsbedürftig  sind.  Die Entscheidung über die Fristverlängerung ist nicht in das Belieben des Vermieters gestellt. Seine Bestimmung  ist  für den Mieter nur verbindlich, wenn  sie  der Billigkeit  entspricht  (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Der Vermieter muß daher auf die  Interessen des Mieters  in angemessener Weise Rücksicht nehmen. Verlangt er nach Ablauf der in Ziff. 5 Abs. 2 der AVB enthaltenen Fristen vom Mieter die Ausführung der Schönheitsreparaturen, ohne daß tatsächlich  ein  Renovierungsbedarf  besteht,  entspricht  dies  nicht  billigem  Ermessen.

Durch die Formulierung "kann" unterscheidet sich die Klausel zwar nach ihrem Wortlaut von der formularvertraglichen Bestimmung, die dem - vom Berufungsgericht  in Bezug genommenen - Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten  Landesgerichts  vom  9. Juli  1987  (BayObLGZ  1987,  243)  zugrunde  lag.
Dort sollte der Vermieter auf Antrag des Mieters zu einer Verlängerung der Ausführungsfristen "verpflichtet" sein. Auch die Klausel, die der nach Erlaß des Berufungsurteils  ergangenen  Entscheidung  des  Senats  vom  20. Oktober  2004 (VIII ZR  378/03, WuM  2005,  50)  zugrunde  lag,  räumte  dem Mieter  einen Anspruch auf Verlängerung der Fristen ein. Jedoch stellt die vorliegende Regelung den Mieter nicht schlechter als die Klauseln, die Gegenstand der vorgenannten Entscheidungen waren. Zwar wird durch diese Formulierungen dem Mieter ausdrücklich ein Anspruch auf Verlängerung der Fristen zugebilligt, sofern die Voraussetzungen  dafür  sachlich  gegeben  sind.  Die  vorliegend  zu  beurteilende Klausel  gewährt  dem  Mieter  aber  nicht  weniger  Rechte.  Das  Ermessen  des Vermieters, die Fristen des Plans gemäß Ziff. 5 Abs. 3 der AVB zu verlängern, reduziert  sich  nach  dem  formularmäßig  vorgegebenen Maßstab  der  Billigkeit "auf Null", soweit der Zustand der Wohnung eine Renovierung nicht erfordert.

c)
Zu Unrecht meint das Berufungsgericht daher, daß die in Ziff. 5 Abs. 2 und 3 der AVB enthaltene Fristenbestimmung dem Interesse des Mieters, nicht unabhängig  von einem  tatsächlichen Bedarf  renovieren  zu müssen,  nicht  hinreichend Rechnung  trägt und sie daher gemäß § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG (nunmehr § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) unwirksam sei. Der Senat hat in dem genannten Urteil vom 20. Oktober 2004 einen formularvertraglichen Fristenplan mit  einer Fristenverlängerungsklausel, die Ziff. 5 Abs. 3 der AVB  der Klägerin  - wie ausgeführt -  im wesentlichen entspricht, als wirksam angesehen (aaO, unter  II 1 a). Nichts anderes gilt hinsichtlich der  in den AVB der Klägerin enthaltenen  Fristenbestimmung,  die  dem Mieter  im Ergebnis  gleichfalls  einen Anspruch auf Fristverlängerung bei fehlendem Renovierungsbedarf zubilligt.
 
III.
Auf die Revision der Klägerin ist das Berufungsurteil aufzuheben. Da es weiterer  Feststellungen  zu  den  Voraussetzungen  des  geltend  gemachten Schadensersatzanspruches  der  Klägerin  bedarf,  ist  die  Sache  an  das  Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
 
Dr. Deppert   Dr. Deppert   Dr. Wolst
für den wegen Urlaubs an der 
Unterzeichnung verhinderten
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Leimert
Karlsruhe, 15.02.2005
Dr. Frellesen   Hermanns